Freitag, 15. Januar 2010

ElsterFormular quo vadis?

Pünktlich zum 8. Januar ist die diesjährige Version von ElsterFormular erschienen. Naja, zumindest ein bisschen. Denn bisher gehen nur so Dinge wie Umsatzsteuervoranmeldungen. Steuererklärungen kann man damit noch nicht machen. Die Version, die auch die Einkommensteuer enthält, soll nun zum 20. Januar erscheinen.

Der Erfolg der neuen Version war durchschlagend. Innerhalb eines Tages musste ein korrigiertes Setup-Programm bereit gestellt werden, weil es massiv Probleme gab. Andere mussten die .NET-Runtime-Umgebung installieren, obwohl das natürlich nicht bei den Systemanforderungen steht und man auf einem Wald- und Wiesen-PC nicht voraussetzen kann, dass .NET schon installiert ist.

Erst wird die komplette Version nicht rechtzeitig fertig, dann geht es bei vielen nicht. Bananensoftware deluxe, reift beim Kunden. Sind ja nur blöde Steuerbürger.

Gelegenheit, sich mal die Probleme der Version 10 in Erinnerung zu rufen:
  • Diverse Ausschlussfälle bei der Steuerberechnung, u.a. wenn ein freiwillig Krankenversicherter es übersehen hat, die Krankenkassenbeiträge einzutragen und so negative Vorsorgeaufwendungen entstanden. Schafften es frühere Versionen es noch, eine Meldung anzuzeigen, dass negative Vorsorgeaufwendungen zu Null korrigiert wurden und dann trotzdem zu rechnen, ging nun nichts mehr (später dann korrigiert).
  • Der Fall, dass Kinder nicht die Freundlichkeit besaßen, am 1.1. zur Welt zu kommen, und nun mitten im Jahr volljährig werden, war anfangs noch vorgesehen, später dann nicht mehr, irgendwann wurde es gefixt.
  • Mitten im Jahr wird Eric, das Modul zur Datenübermittlung geändert, nur noch neue Versionen können übermitteln. Natürlich kann man mit der neuen Version für Steuerfälle, die vorher übermittelt wurden, keine Bescheiddaten mehr abholen. Nebenbei werden die Dateien der Steuerfälle noch so geändert, dass es auch nicht mehr geht, als eine korrigierte Version von ElsterFormular erscheint.
  • Bei vielen gingen die neueren Versionen von ElsterFormular nicht mehr, sie durften auf einmal ein vcredist von Microsoft runterladen und installieren.
  • Einzelfälle haben Probleme, dass ElsterFormular den Adobe Reader nicht findet.
Diese Aufzählung ist sicher nicht abschließend.

Unbestritten tut sich einiges bei ElsterFormular. Es wird anscheinend tatsächlich daran gearbeitet, dass es auch jenseit von Windows läuft (was schon seit Jahren angekündigt wird!), hierfür wird wohl auf Qt umgestellt. Der Ersatz der internen Vorschau und Drucksteuerung durch die Nutzung eines externen Programms über PDF rührt wahrscheinlich auch hierher. Es gibt Verbesserungen, die lange vermisste Möglichkeit, eine komprimierte Erklärung nochmal auszudrucken, ist da, man kann in mehreren Tabs Steuerfälle parallel bearbeiten.

Aber an einem hapert es ganz massiv: Qualitätstests. Waren echte Installationsprobleme bei den Versionen 8 und 9 sehr selten, häuften sie sich nach meinem Eindruck bei Version 10 massiv, und das, was sich bei Version 11 nach wenigen Tagen andeutet, stimmt nicht sehr hoffnungsvoll. Natürlich können die Elster-Entwickler nicht auf jedem PC mit jeder Software-Konfiguration testen. Dass es bei dem einen oder anderen Einzelfall nicht geht, wird sich nie ausschließen lassen. Aber warum machen denn Software-Entwickler öffentliche Betatests, sogar Microsoft, wie es bei Windows 7 und Office der Fall war? Eben um solche Problemkonstellationen zu entdecken, die sich im Labor nicht finden lassen. Hat irgendjemand schonmal von einem Betatest von ElsterFormular bei echten Anwendern gehört?

Ich habe den Eindruck, die Elster-Entwicklung findet im Elfenbeinturm statt. Informationen darüber, was für zukünftige Versionen geplant ist, neudeutsch Roadmaps genannt? Fehlanzeige. Das sehr aktive Anwenderforum wird von Elster komplett ignoriert, gerade mal wird die technische Plattform bereit gestellt, aber das auch nur schlecht statt recht (damit man gar nicht erst auf die Idee kommt, das Forum hätte für Elster auch nur irgendeine Relevanz).

Dann stellt sich die Frage, warum Steuerfälle, die im letzten Jahr noch (irgendwann) gingen, dann auf einmal zu Fehlern oder Ausschlussfällen führen. Bei Version 10 war es ja sogar so, dass es Fälle gab, die anfangs noch gingen, und dann nach einem Update nicht mehr (volljährig gewordenes Kind). Es kann doch nicht sein, dass ElsterFormular jedes Jahr immer wieder verlernt, wie die Vorsorgeaufwendungen bei freiwillig Krankenversicherungen berechnet werden und das mühsam durch Updates korrigiert werden muss! Da stimmt doch ganz offensichtlich etwas mit den Tests nicht.

Ich habe selber lange im öffentlichen Dienst gearbeitet. Ich weiß, wie dort gekürzt wird. Das betrifft die Stadtverwaltung, Polizei, Feuerwehr, und ganz bestimmt auch die Finanzverwaltung. Ich glaube, die Elsterentwickler drehen bestimmt nicht Däumchen.

Aber das, was sie abliefern, war in der letzten Zeit sicher nicht geeignet, die Verbreitung von ElsterFormular zu fördern. Und das lässt sich leider nur zum Teil mit personellen Ressourcen erklären. Sondern, dass das, was in jeder besseren Softwarefirma Standard ist, nämlich ordentliches Projektmanagement, Qualitätskontrolle mit Unittesting usw. für Elster ein Fremdwort zu sein scheint.

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